Die Wohnsituation für Studierende in Deutschland bleibt angespannt. Laut dem aktuellen MLP Studentenwohnreport 2024, erstellt in Zusammenarbeit mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW), setzt sich der Trend steigender Mieten bei gleichzeitig sinkendem Wohnraumangebot fort. Dies stellt Studierende vor immense Herausforderungen. Hohe Mieten und eine immer knapper werdende Anzahl an verfügbaren Wohnungen bedrohen zunehmend den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum. Dies hat sowohl soziale als auch wirtschaftliche Folgen, die den Bildungsstandort Deutschland gefährden könnten.
Das erwartet Sie in diesem Beitrag
- Preisanstieg an nahezu allen Hochschulstandorten
- Berlin an der Spitze der Preisspirale
- Rückgang der Wohnungsangebote an den meisten Standorten
- Wohnzuschlag: BAföG-Erhöhung reicht nicht aus
- Auswirkungen auf den Bildungsstandort Deutschland
- Handlungsbedarf auf politischer Ebene
Preisanstieg an nahezu allen Hochschulstandorten
Der MLP Studentenwohnreport zeigt deutlich, dass sich die Mietpreise an 37 der 38 untersuchten Hochschulstandorte weiter verteuert haben. Im Durchschnitt sind die Kaltmieten 2023 um 5,1% gestiegen. Besonders drastisch fällt der Anstieg in Berlin aus, wo die Preise um 9,4% im Vergleich zum Vorjahr zugenommen haben. Leipzig folgt mit einem Plus von 9,3%. Dagegen verzeichnen Städte wie Würzburg und Tübingen vergleichsweise moderate Preissteigerungen von jeweils 1,6%. Eine Ausnahme bildet Heidelberg, wo die Mietpreise weitgehend auf Vorjahresniveau stagnierten.
Berlin an der Spitze der Preisspirale
Berlin, ohnehin seit Jahren ein Hotspot für Wohnungsnot, führt erneut die Liste der stärksten Preissteigerungen an. Die ohnehin knappe Zahl an verfügbaren Wohnungen trifft auf eine hohe Nachfrage. Der Preisanstieg von 9,4% bedeutet für Studierende eine erhebliche Mehrbelastung. Im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten ist der Wohnraum in Berlin zwar immer noch relativ erschwinglich, doch auch hier wird bezahlbarer Wohnraum knapp.
Trotz der allgemeinen Verknappung des Angebots gibt es auch positive Ausnahmen. So konnten Städte wie Würzburg und Kiel einen Zuwachs an verfügbaren Wohnungen von jeweils 11% verzeichnen. In Rostock stieg das Angebot sogar um 13%, während Berlin überraschenderweise einen Anstieg von 30% meldete. Dies zeigt, dass nicht alle Hochschulstandorte gleichermaßen betroffen sind, sondern regionale Unterschiede in der Wohnraumsituation bestehen.
Rückgang der Wohnungsangebote an den meisten Standorten
Trotz einiger positiver Ausnahmen verzeichneten die meisten Städte, darunter auch viele Universitätsstandorte wie Jena, Münster und Freiburg, einen deutlichen Rückgang bei den Wohnungsangeboten. Insbesondere kleine Wohnungen und Wohngemeinschaften (WGs) sind immer schwerer zu finden. An 29 von 38 untersuchten Standorten hat sich die Zahl der Inserate um mehr als 20% verringert. Dies erschwert die Wohnungssuche für Studierende erheblich, die auf günstige und gut gelegene Wohnungen angewiesen sind.
Der Report zeigt, dass München weiterhin die teuerste Stadt für Studierende ist. Eine 30m² große Wohnung kostet in der bayrischen Landeshauptstadt im Schnitt 807 Euro warm. Im Vergleich dazu liegt Berlin mit 678 Euro und Frankfurt sowie Stuttgart mit 674 Euro leicht darunter. Doch auch diese Preise sind für viele Studierende kaum zu stemmen. In kleineren Städten wie Chemnitz und Magdeburg sind die Mieten mit 263 Euro bzw. 333 Euro für eine vergleichbare Wohnung zwar deutlich niedriger, doch die Verfügbarkeit von Wohnraum bleibt auch dort ein Problem.
Wohnzuschlag: BAföG-Erhöhung reicht nicht aus
Die im kommenden Wintersemester geplante Erhöhung des BAföG-Wohnzuschlags von 360 auf 380 Euro stellt für viele Studierende nur eine geringe Entlastung dar. Besonders in Städten wie München, wo selbst für den Höchstsatz nur 15m² Wohnfläche erschwinglich sind, reicht dieser Zuschlag nicht aus. In günstigeren Städten wie Chemnitz wäre es zwar möglich, eine deutlich größere Wohnung mit dem Zuschlag zu finanzieren, doch auch dort ist das Angebot begrenzt. Die soziale Ungerechtigkeit wird dadurch noch weiter verstärkt.
Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt wird durch rückläufige Baugenehmigungen weiter verschärft. Besonders betroffen sind davon junge Menschen, die erstmals eine eigene Wohnung suchen oder häufig umziehen müssen. Die staatlichen Hilfsprogramme wie das BAföG bieten dabei nur bedingt Unterstützung, da ein Großteil der Studierenden keinen Zugang zu diesen Mitteln hat. Der Immobilienexperte Prof. Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft betont: „Die derzeitigen Maßnahmen reichen nicht aus, um der Wohnungsnot entgegenzuwirken. Es braucht dringend neue Impulse im Wohnungsbau.“
Auswirkungen auf den Bildungsstandort Deutschland
Die angespannte Wohnungssituation wirkt sich nicht nur auf deutsche Studierende aus, sondern könnte auch den Bildungsstandort Deutschland gefährden. Internationale Studierende, die einen wichtigen Beitrag zur deutschen Wirtschaft und Forschung leisten, könnten durch die hohen Mieten abgeschreckt werden. Deutschland ist als innovativer und forschungsstarker Standort auf gut ausgebildete Akademiker angewiesen, um den demografischen Wandel und den damit einhergehenden Fachkräftemangel zu bewältigen.
Die Zahl der internationalen Studierenden in Deutschland hat sich zwischen dem Wintersemester 2012/13 und 2022/23 nahezu verdoppelt. Viele von ihnen kommen aus Drittstaaten und studieren häufig in MINT-Fächern, die für die deutsche Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind. Doch auch sie stehen vor der Herausforderung, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Der Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte wird immer schärfer, und gerade deshalb ist es wichtig, internationale Studierende nicht nur mit erstklassigen Studienbedingungen, sondern auch mit bezahlbarem Wohnraum zu unterstützen.
Handlungsbedarf auf politischer Ebene
Die Wohnungsnot für Studierende in Deutschland macht deutlich, dass dringender politischer Handlungsbedarf besteht. Ohne zusätzliche Investitionen in den Wohnungsbau und gezielte staatliche Fördermaßnahmen wird sich die Situation weiter verschärfen. Eine mögliche Lösung könnten neue Bauprojekte speziell für Studierende sein, die staatlich gefördert und zu erschwinglichen Preisen vermietet werden.
„Die demografischen Herausforderungen und der internationale Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte nehmen an Schärfe weiter zu. Insofern müssen wir gerade auch internationalen Studierenden nicht nur exzellente Studienangebote machen, sondern gleichermaßen den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum erleichtern. Nur so bleibt Deutschland auch in Zukunft ein attraktiver Standort für akademische Talente”, sagt Dr. Uwe Schroeder Wildberg, Vorstandsvorsitzender der MLP SE.