Nachhaltiger Zement: Bauaushub als Betonzusatzstoff?

Von Dominik Hochwarth

In Deutschland machen mineralische Bauabfälle laut Umweltbundesamt etwa 60 Prozent aller Bauabfälle aus. Darunter fallen vor allem Böden und Steine. Die Entsorgung dieser Materialien stellt eine große Herausforderung dar. Gleichzeitig nimmt der Bedarf an umweltfreundlichen Baumaterialien stetig zu. Ein innovativer Ansatz, der beide Probleme adressiert, ist die Wiederverwendung von Bauabfällen als Zusatzstoff im Beton. Im Rahmen des Forschungsprojekts TOFFEE wurde untersucht, ob Aushubmaterialien von Tunnelbauarbeiten als Betonzusatzstoffe dienen können. Das Projektziel: Deponien zu entlasten und den Betonherstellungsprozess nachhaltiger zu gestalten.

Bagger Bausaushub
Eignen sich Aushubmaterialien als Betonzusatzstoff?

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Warum konventioneller Zement problematisch ist

Traditioneller Beton enthält Portlandzementklinker, der für die Aushärtung des Betons verantwortlich ist. Dieser Klinker wird aus gemahlenen ton- und kalkhaltigen Gesteinen hergestellt, was einen hohen Energieaufwand und erhebliche CO2-Emissionen erfordert.

 Prof. Dr. Björn Siebert von der Technischen Hochschule Köln erklärt: „Um die Ökobilanz zu verbessern, setzen wir auf alternative Rohstoffe wie calcinierte Tone. Diese sind energieärmer in der Herstellung und verursachen weniger CO2.“ Durch den Einsatz von calcinierten Tonen können also sowohl der Energieverbrauch als auch die Emissionen in der Zementproduktion reduziert werden.

TOFFEE-Projekt: Materialanalyse und Calcinierung

Im TOFFEE-Projekt wurden drei unterschiedliche Tonarten aus Tunnelbauarbeiten untersucht: der Pariser Mergel, der Frankfurter Ton und der London Clay. Die Untersuchung konzentrierte sich auf die geotechnische Charakterisierung der Aushubmaterialien und deren Potenzial zur Herstellung von calcinierten Tonen.

Zunächst wurden die Rohmaterialien einer Vorbehandlung unterzogen: Sie wurden getrocknet, gesiebt und gemahlen. Anschließend wurden die Materialien bei einer Temperatur von 800 Grad Celsius calciniert. Dieser Prozess führt dazu, dass organische Substanzen verbrennen und Wasser verdampft, was strukturelle Veränderungen im Ton hervorruft. Diese Veränderungen machen den Ton reaktiver und erhöhen seine Fähigkeit, im Beton Festigkeit zu erzeugen.

Prüfung der Festigkeitseigenschaften

Um die Leistungsfähigkeit der calcinierten Tone zu testen, stellten die Forscher verschiedene Probewürfel her, die unterschiedliche Mischungsverhältnisse von Zement und Ton enthielten. Diese Würfel wurden anschließend auf ihre Festigkeit geprüft.

Prof. Dr. Christoph Budach erklärt: „Wir haben Proben mit Zement-Ton-Verhältnissen von 100:0 bis 60:40 untersucht.“ Die Ergebnisse zeigten, dass ein Ersatz von 10 Prozent Zement durch calcinierte Tone die Festigkeit des Betons nicht signifikant beeinträchtigt. Selbst bei einem Ersatz von bis zu 40 Prozent konnte eine festigkeitssteigernde Wirkung festgestellt werden.

Potenzial für die Bauindustrie

Die Ergebnisse der baustofftechnologischen Untersuchungen sind vielversprechend. Calcinierte Tone aus Tunnelaushubmaterialien zeigten nicht nur gute Festigkeitseigenschaften, sondern waren auch leichter verarbeitbar als marktübliche calcinierte Tone. Prof. Siebert fasst zusammen: „Unsere Forschung belegt, dass calcinierte Tone, richtig behandelt, eine geeignete und CO2-arme Alternative zu herkömmlichem Zement darstellen können.“

Die langsame Festigkeitsentwicklung von calcinierten Tonen im Vergleich zu herkömmlichem Zement könnte durch den Einsatz in langlebigen Bauprojekten sogar von Vorteil sein, da sich die Festigkeitseigenschaften über die Zeit verbessern. Die Nutzung von Bauabfällen als Betonzusatzstoffe bietet also eine doppelte Umweltentlastung: weniger Deponieabfälle und eine Reduktion der CO2-Emissionen bei der Zementproduktion.

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