Schimmel, feuchte Wände und schlechtes Raumklima – die Energieeinsparverordnung mit der Forderung nach luftdichten und übergedämmten Häusern machen Mensch und Gebäude schwer zu schaffen. Doch das muss nicht sein, denn Kalkputz und Kalkfarbe lassen Mensch und Wand gleichermaßen aufatmen.
Der alte Baustoff Kalk schafft nämlich das, was die ganzen neuen Baustoffe aus dem Chemiebaukasten nicht schaffen – er reguliert die Feuchtigkeit und baut Schadstoffe ab. Und das ganz auf natürliche Weise. Das freut nicht nur Allergiker, sondern alle, die gerne gesund leben.
Das erwartet Sie in diesem Beitrag
- Kalk muss richtig verarbeitet werden
- Kalk kommt vielfältig in verschiedenen Baustoffen zum Einsatz
- Den Poren sei es gedankt: Kalkputze wirken wie kleine Klimaanlagen
- Gesundes Raumklima inklusive bei der Verwendung von Kalk
- Bunt und glänzend: Attraktive Optik für Wände aus Kalkputz
Kalk muss richtig verarbeitet werden
Weder die chinesische Mauer noch die großen Bauwerke der Römer hätten ohne den Einsatz von Kalkputz und Kalkmörtel gebaut werden können. Dass sie heute noch stehen zeigt, dass der Baustoff äußerst langlebig ist. Wenn er richtig verarbeitet wird – und daran scheitert es heutzutage häufig.
Die Verarbeitung von Kalk erfordert jede Menge Aufwand von der Untergrundvorbereitung bis zur Nachbehandlung. Trocknet er zu schnell, kommt es Aufbrennen oder Aufpudern, zu feucht darf er ebenfalls nicht verarbeitet werden, sonst läuft die Kalkbrühe die Wand hinab. Was beim Umgang mit Kalk alles schiefgehen kann, beschreibt der Altbauexperte Konrad Fischer recht anschaulich und mit deftigen Worten.
Kalk kommt vielfältig in verschiedenen Baustoffen zum Einsatz
Ich will hier keinesfalls irgendjemanden vor der Verwendung von Kalkputz, Kalkanstrich oder Kalkmörtel abschrecken. Ganz im Gegenteil, denn dafür ist Kalk viel zu toll. Allerdings braucht Kalk jede Menge Aufmerksamkeit und zickt schon Mal rum, wenn er falsch behandelt wird. Da braucht es einen Fachmann, um ihn zu bändigen.
Kalk kommt als Baustoff nicht nur in Putzen, Mörtel oder Anstrichen zum Einsatz, sondern auch bei der Herstellung von Porenbeton, Kalksandstein, Eisen, Stahl oder Glas. Zudem wird Kalk zur Bodenverbesserung verwendet. Trotz seiner langen Geschichte ist Kalk also nach wie vor ein moderner Baustoff. Es lohnt sich also auf jeden Fall, sich einmal näher mit ihm zu beschäftigen.
So wirkt Kalk bei der Verarbeitung
Gewonnen wird Kalk meist im Tagebau, wobei dieser Rohkalk nicht als Baustoff geeignet ist. Er muss zunächst zerkleinert und bei etwa 900 Grad Celsius gebrannt werden, wodurch er zu Branntkalk wird. Durch Zugabe von Wasser wird er anschließend zu Löschkalk. Gleichzeitig wandelt sich in einem chemischen Prozess Calciumoxid in Calciumhydroxid um.
Dieser Stoff, auch als Weißkalkhydrat bezeichnet, reagiert mit dem Kohlenstoffdioxid der Luft und erhärtet dadurch. Damit sind wir am Ende des Kalkkreislaufes angelangt. Heutzutage werden meist vollständig gelöschte Kalkhydrate verwendet, die in Säcken oder Silo-LKWs auf die Baustelle geliefert werden.
Den Poren sei es gedankt: Kalkputze wirken wie kleine Klimaanlagen
Zur Herstellung von Kalkputzen oder Kalkmörteln müssen dem Weißkalkhydrat noch Zuschläge beigemischt werden. Das ist eine Wissenschaft für sich und nur eine Sache für den absoluten Fachmann. Als Zuschlag kommen zum Beispiel verschiedene Kalksstein-Brechsande sowie splittrige und rundkornige Quarzsande in unterschiedlichen Korngrößen.
Die Industrie bietet zudem fertig gemischte Systeme an, so gibt es Knauf Rotkalk zum Beispiel für verschiedene Einsatzbereiche und unterschiedlicher Machart. Vom Unterputz über den Oberputz bis zum Edelputz ist alles dabei, was der Kalk mit sich machen lässt.
Kalk wirkt wie ein Schwamm
Manche der Kalkputze können für drinnen und draußen verwendet werden, andere sind nur für den Innenbereich geeignet. Dort können sie ihre ganzen Vorteile ausspielen. So können sie zum Beispiel jede Menge Feuchtigkeit aufnehmen. Das liegt daran, dass es im Kalk jede Menge kleinster Poren gibt, die sich mit Feuchtigkeit füllen können. Das ist fast so wie bei einem Schwamm.
Dort bleibt sie solange, bis die Luftfeuchtigkeit im Raum wieder abnimmt. Ein Kalkputz ist also bestens für das Badezimmer geeignet. Es muss nicht immer alles zugefliest werden, zumal an Fliesen die Feuchtigkeit einfach abperlt. Schimmlige Fugen sind die Folge.
Gesundes Raumklima inklusive bei der Verwendung von Kalk
Feuchtigkeit tritt jedoch nicht nur im Badezimmer, sondern auch in Küche, Schlafzimmer oder Wohnzimmer auf. Also überall dort, wo gekocht oder gelebt wird. Wir produzieren nämlich selbst jede Menge Feuchtigkeit, die irgendwo hin muss. Durch undichte Fenster wie früher kann sie nicht mehr, also muss für ausreichende Belüftung per Hand oder durch eine Maschine gesorgt werden.
Zusätzlich hilft der Kalkputz, Feuchtigkeitsspitzen abzubauen. Und so klein die Poren im Kalk auch sind, so lässt sich in einem durchschnittlich großen Wohnzimmer immerhin rund 16 Liter Wasser zwischenspeichern. Da können wir doch einiges an Feuchtigkeit produzieren.
Kalk hilft beim Abbau von Schadstoffen
Kalkputz sorgt nicht nur für eine konstante Luftfeuchtigkeit und damit ein konstantes Wohlgefühl, sondern er kann zudem Schadstoffe aufnehmen und abbauen. Neben Formaldehyd und Kohlenwasserstoffverbindungen werden Stickstoff und flüchtig organische Verbindungen ein Opfer der besonderen Fähigkeiten des Kalks.
Der ist zudem stark alkalisch, das gefällt den Schimmelsporen und Mikroorganismen gar nicht, so dass sie sich erst gar nicht niederlassen. Wie eine kleine Dunstabzugshaube wirkt Kalkputz zudem, denn er absorbiert Gerüche, wie sie zum Beispiel in der Küche entstehen. Wer also ein gesundes und behagliche Wohnraumklima haben möchte, liegt bei Kalk gerade richtig.
Bunt und glänzend: Attraktive Optik für Wände aus Kalkputz
Auf angenehme Optik muss bei der Verwendung von Kalkputz ebenfalls nicht verzichtet werden. So sind zum Beispiele verschiedene Oberputze im Handel erhältlich, die keine Wünsche offen lassen. Ob völlig glatte oder fein strukturierte Oberfläche – alles ist möglich, was das Herz begehrt. Wie zum Beispiel bunte Wände, hier muss allerdings darauf geachtet werden, dass die Farbe diffusionsoffen ist.
Denn nur so kann der Kalkputz weiterhin rund umd die Uhr für ein gesundes Raumklima sorgen. Bestens geeignet für die Verwendung auf Kalk sind Silikatfarben. Diese Farben sind frei von Konservierungsmitteln, Lösemitteln und Weichmachern und hoch diffusionsoffen. Wer sich und seinen Kindern etwas Gutes tun will, liegt mit einer Silikatfarbe genau richtig.
Sumpfkalk wird vielfältig verwendet
Noch einmal weg vom Kalkputz und hin zum Baustoff Kalk. Wird diesem sehr viel Wasser zugegeben, entsteht eine dickflüssige Masse, die als Sumpfkalk bezeichnet wird. Damit werden zum Beispiel Kalkfarben und Kalktünchen hergestellt. Sumpfkalk kommt auch zur Desinfektion von Ställen und beim Stuccolustro zum Einsatz.
Bei Stuccolustro handelt es sich um eine kalkbasierende Spachtelmasse, mit der sich ganz hochwertige Oberflächen im Innenbereich herstellen lassen. Mit dieser Glättetechnik lassen sich Wände zaubern, die hinsichtlich des Glanzes und der Transparenz Marmor ähneln. Die 2000 Jahre alte italienische Putztechnik findet sich heute noch in Bauwerken Pompejis, Roms und Venedigs.
Hi Dominik, sehr interessanter und informativer Artikel!
Hätte aber auch ohne den Sexismus funktioniert.
Kalk ist wie eine Frau und „braucht jede Menge Aufmerksamkeit und zickt schon Mal rum, wenn er falsch behandelt wird. Da braucht es einen Fachmann, um ihn zu bändigen“?
Dass Kalk ein anspruchsvoller Baustoff ist, kann auch anders ausgedrückt werden.
Der Artikel ist von 2013, vielleicht siehst du das ja mittlerweile auch so :)
Liebe Grüße,
Hanne
Hallo Hanne,
ich wollte auch bereits 2013 euch Frauen nicht zu nahe treten, die Formulierung sollte eher mit einem Augenzwinkern betrachtet werden. Ich werde die „Frau“ im Satz aber ersatzlos streichen, damit keine Missverständnisse aufkommen.
Liebe Grüße
Dominik
Hallo,
informativer Artikel! Mich würde dazu noch interessieren, wie es um die Recyclingfähigkeit oder Kreislauffähigkeit von Kalkputz bestellt ist. Könnte alter Kalkputz, der als Zuschlag lediglich Kalksstein-Brechsande enthält, erneut gebrannt werden, um Branntkalk zu erhalten?
Nach meinem Verständnis handelt es sich bei abgebundenem Kalkputz um Calciumcarbonat. Kalkstein-Brechsande sind ebenfalls Calciumcarbonat. Da sollte nach dem Rückbau von altem Putz ein erneuter Brennvorgang möglich sein, oder liege ich hier komplett falsch?
Theoretisch sollte es so sein, wenn es sich wirklich um Kalk handelt. Ist eben die Frage, ob sich der Aufwand lohnt, schließlich muss Kalk bei 800 Grad Celsius gebrannt werden. Und es muss sichergestellt sein, dass nicht noch andere Inhaltsstoffe den Kalkputz verunreinigen.