Die Huajiang Grand Canyon Bridge in Chinas Provinz Guizhou wird mit 625 Metern die höchste Brücke der Welt. Sie verbindet die Schnellstraße zwischen Liuzhi und Anlong und soll ab Juni 2025 befahrbar sein. Neben ihrer Rolle als Verkehrsbauwerk wird sie auch ein Tourismusziel mit Glasaufzug, Cafés und Bungee-Plattform. Die Brücke ist Teil eines umfassenden Infrastrukturplans in einer Region mit schwieriger Topografie. Guizhou gilt als Zentrum für Brückenbauprojekte weltweit.

Das erwartet Sie in diesem Beitrag
- Fahrbahn 625 Meter über dem Untergrund
- Technik in luftiger Höhe
- Verkehrstrasse und Tourismusziel zugleich
- Warum Guizhou?
- Zwischen Golden Gate und Millau
Fahrbahn 625 Meter über dem Untergrund
In der bergigen Provinz Guizhou im Südwesten Chinas entsteht ein technisches Großprojekt: die Huajiang Grand Canyon Bridge. Sie wird mit 625 Metern Höhe die bisher höchste Brücke der Welt sein. Ihr Fahrbahnträger liegt damit mehr als doppelt so hoch wie der Eiffelturm. Schon im Sommer 2025 soll sie für den Verkehr freigegeben werden.
Das Bauwerk führt die Schnellstraße zwischen Liuzhi und Anlong über eine Schlucht, die wegen ihrer Tiefe auch „Erdspalte“ genannt wird. Die Brücke soll den Übergang von bisher bis zu zwei Stunden auf eine Minute verkürzen. Das Vorhaben steht damit exemplarisch für Chinas Strategie, durch Infrastrukturprojekte entlegene Regionen besser anzubinden.
Die Brücke überspannt eine Schlucht mit einer Tiefe von 625 Metern. Um diese Höhe zu überwinden, wurden spezielle Bauverfahren eingesetzt. Die Hauptkabel wurden mithilfe von temporären Seilbahnen installiert, die es ermöglichten, die schweren Stahlsegmente präzise zu positionieren.
Technik in luftiger Höhe
Die Huajiang-Brücke ist als Hängebauwerk mit Fachwerkträger konzipiert. Ihre Gesamtlänge beträgt 2.890 Meter. Die Hauptspannweite misst 1.420 Meter. Zwei Pylone – 262 Meter im Norden und 205 Meter im Süden hoch – tragen die Hauptseile. Der verwendete Stahlträger wiegt rund 22.000 Tonnen. Das entspricht etwa dem Dreifachen des Eiffelturms.
Gebaut wird die Brücke seit Januar 2022. Nach nur dreieinhalb Jahren soll sie im Juni 2025 vollständig nutzbar sein. Laut Zhang Shenglin, Chefingenieur der Guizhou Highway Group, sind die Arbeiten zu 95 % abgeschlossen.
Angesichts der Höhe und der geografischen Lage der Brücke wurde besonderes Augenmerk auf die Widerstandsfähigkeit gegenüber Wind und möglichen Erdbeben gelegt. Die aerodynamische Form des Fahrbahnträgers und die flexible Aufhängung ermöglichen es der Brücke, Windlasten effektiv zu begegnen. Zudem wurden seismische Dämpfungssysteme integriert, um die Auswirkungen von Erdbeben zu minimieren.
Verkehrstrasse und Tourismusziel zugleich
Neben der Verkehrsanbindung plant die Provinz Guizhou ein umfassendes Tourismuskonzept. Die Brücke wird mit einem eigenen Besucherzentrum ausgestattet. Am Südpylon führt ein gläserner Aufzug zu einem Café und einer Bar zwischen den Pylonspitzen, 145 Meter über dem Straßenniveau.
In der acht Meter hohen Fachwerkkonstruktion der Brücke sind Fußwege integriert. Diese führen zu einem Restaurant mit Glasboden, Aufenthaltsräumen und einer Bungee-Plattform. Letztere liegt mehr als 600 Meter über dem Talgrund. Besucherinnen und Besucher können hier nicht nur springen, sondern auch auf Glasplatten laufen und die Tiefe der Schlucht bestaunen.
Ein touristisches Highlight soll das große Besucherzentrum im Stil von Zaha Hadid werden. Es wird nicht nur die Entstehungsgeschichte der Brücke dokumentieren, sondern auch das Leben entlang des Beipanjiang-Flusses. Für Übernachtungen sind Bungalows mit Blick auf das Bauwerk geplant. Wer möchte, kann bis zur alten Kettenbrücke aus dem Jahr 1898 am Fuß der Schlucht wandern.
Warum Guizhou?
Guizhou ist für seine Topografie bekannt: Berge, Schluchten, steile Hänge. Seit 2001 entstehen hier Hochbrücken in großer Zahl. Mehr als die Hälfte der 100 höchsten Brücken der Welt stehen inzwischen in dieser Region. Die Notwendigkeit, Höhenunterschiede zu überbrücken, hat eine einzigartige Ingenieurlandschaft hervorgebracht.
Der Beipanjiang, unter dem die Huajiang-Brücke verläuft, spielt dabei eine besondere Rolle. Bereits 2003 entstand hier die erste Brücke der Welt, die die 1.000-Fuß-Grenze übertraf. 2016 folgte die Duge-Brücke mit über 500 Metern Höhe. Mit der Huajiang-Brücke wird dieser Fluss nun ein drittes Mal zum Standort eines Weltrekords.
Zwischen Golden Gate und Millau
China verfolgt seit 1989 ein umfangreiches Infrastrukturprogramm. Ziel war es, große Teile des Landes durch Schnellstraßen zu verbinden. Die Region Guizhou profitierte besonders stark davon. Ihre schwierige Topografie machte Brücken unerlässlich.
Die heutige Autobahnlandschaft ist dicht und hoch gelegen. Viele Strecken verlaufen auf Brücken, die 100 Meter und mehr über dem Boden liegen. Allein in Guizhou sollen bis 2030 mehr als 1.000 Brücken dieser Kategorie stehen.
Die Huajiang-Brücke erinnert in ihrer Gestaltung an die Golden Gate Bridge. Die Turmverbindungen haben Art-Déco-Elemente, die bewusst eine klassische Optik erzeugen. Gleichzeitig übertrifft die Brücke mit ihrer Höhe sogar den bekannten Millau-Viadukt in Frankreich deutlich. Dessen höchster Punkt liegt bei 343 Metern. Die neue Brücke ist 282 Meter höher.