Bauroboter und ihre Einsatzmöglichkeiten: Ein Blick auf die Praxis

Von Dominik Hochwarth

Zwar geht die Digitalisierung der Bauindustrie nur langsam voran, doch Roboter können bereits heute viele Arbeiten auf der Baustelle übernehmen: Ob beim Mauern, Bohren, Verputzen oder 3D-Druck – Bauroboter werden nie krank, arbeiten präzise, sicher und effizient. Wir haben uns angeschaut, was in Sachen Automatisierung auf dem Bau bereits möglich ist und stellen verschiedene Bauroboter vor.

Roboter auf der Baustelle
Noch ist vieles Handarbeit, doch viele Vorgänge auf dem Bau lassen sich bereits heute automatisieren

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Die Anfänge der Baurobotik

Die Idee, Roboter auf Baustellen einzusetzen, ist nicht neu. Bereits in den frühen 1900er-Jahren stellten Visionäre Konzepte für den Einsatz von Maschinen in der Bauindustrie vor. Doch es dauerte mehr als ein Jahrhundert, bis die Technik so weit war, dass Roboter tatsächlich auf Baustellen eingesetzt werden konnten.

Die Bauindustrie hat traditionell stark auf manuelle Arbeitskraft gesetzt. Gebäude wurden über Jahrhunderte hinweg durch den Einsatz von Handwerkern und schwerem Gerät errichtet. Automatisierung fand zunächst in Fabriken und Produktionsstätten statt, wo stationäre Roboter schon seit den 1970er-Jahren im Einsatz sind. In der Bauindustrie jedoch waren mobile, autonome Systeme lange Zeit eine große Herausforderung. Baustellen sind oft unstrukturiert, dynamisch und unvorhersehbar – Bedingungen, die für Roboter schwer zu meistern sind.

Erst durch Fortschritte in der Sensorik, Künstlichen Intelligenz (KI) und mobilen Robotik-Systemen wurde es möglich, Bauroboter zu entwickeln, die sich auf Baustellen bewegen, die Umgebung wahrnehmen und Aufgaben autonom erledigen können. In den letzten zehn Jahren haben wir einen starken Anstieg von marktreifen Baurobotern erlebt, die in der Lage sind, spezielle Bauaufgaben zu übernehmen.

Roboter auf der Baustelle: Wo stehen wir heute?

Heutige Baustellenroboter können bereits eine Vielzahl von Aufgaben übernehmen. Ihre Einsatzgebiete reichen von einfachen Hilfstätigkeiten bis hin zu hochpräzisen Arbeiten, die eine exakte Ausführung erfordern. Zu den wichtigsten Aufgaben gehören:

  • Mauerarbeiten: Spezielle Maurerroboter können komplette Gebäude errichten, indem sie Ziegel präzise setzen und Mörtel auftragen.
  • Bohren und Fräsen: Roboter wie der Jaibot von Hilti sind in der Lage, Löcher in Wände und Decken zu bohren und sie für weitere Arbeiten zu markieren.
  • Verputzen und Malen: Verputzroboter wie Okibo tragen Putze oder Farben auf Wände und Decken auf und orientieren sich dabei mithilfe von Laserscannern und KI.
  • 3D-Druck: 3D-Druck-Roboter erstellen komplette Strukturen aus Beton oder anderen Materialien.

Vorteile der Baurobotik

Bauroboter bieten eine Reihe von Vorteilen, die den Einsatz auf Baustellen zunehmend attraktiv machen. Diese Vorteile betreffen nicht nur die Effizienz und Präzision, sondern auch die Arbeitssicherheit und die Entlastung der Baukräfte.

1. Steigerung der Effizienz und Produktivität

Roboter können rund um die Uhr arbeiten, ohne Pausen einlegen zu müssen. Sie sind in der Lage, Aufgaben kontinuierlich auszuführen und dabei immer die gleiche Qualität zu liefern. Insbesondere bei zeitkritischen Bauprojekten sind Bauroboter ein großer Vorteil, da sie den Baufortschritt beschleunigen. Ein Beispiel hierfür ist der Hadrian X, ein Maurerroboter, der in der Lage ist, ein komplettes Einfamilienhaus in nur zwei Tagen zu errichten. Durch den Einsatz von CAD-Daten setzt der Roboter jeden Ziegel millimetergenau, ohne dass Nacharbeiten erforderlich sind.

2. Präzision und Qualität

Roboter arbeiten äußerst präzise, was die Qualität der ausgeführten Arbeiten verbessert. Sie setzen Materialien exakt dort ein, wo sie benötigt werden, und vermeiden Fehler, die bei menschlichen Arbeiten häufiger auftreten. Diese Präzision reduziert den Materialverbrauch und spart somit Kosten. Besonders bei Aufgaben wie Bohren, Schneiden oder dem Verputzen von Wänden ist die Genauigkeit der Roboter ein großer Vorteil.

3. Erhöhung der Arbeitssicherheit

Viele Arbeiten auf Baustellen sind gefährlich. Bauarbeiter*innen müssen oft in großer Höhe arbeiten, mit schweren Maschinen hantieren oder gefährliche Substanzen verarbeiten. Roboter können diese Aufgaben übernehmen und somit das Unfallrisiko reduzieren. Ein Beispiel hierfür ist der Jaibot von Hilti, der Löcher in Decken bohrt und somit das Risiko von Unfällen bei Überkopfarbeiten minimiert.

4. Bewältigung des Fachkräftemangels

Die Bauindustrie steht weltweit vor einem Fachkräftemangel. Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für Berufe im Bauwesen, während die Nachfrage nach Bauprojekten weiter steigt. Roboter können helfen, diese Lücke zu schließen, indem sie Arbeiten übernehmen, für die es nicht genügend qualifizierte Arbeitskräfte gibt. Gleichzeitig können sie Bauarbeiter*innen von körperlich anstrengenden Tätigkeiten entlasten und ihnen mehr Freiraum für anspruchsvollere Aufgaben geben.

Haus 3D-Druck
In Deutschland wurde bereits einige Häuser mit riesigen Betondruckmaschinen im 3D-Druck gebaut

Praktische Beispiele für den Einsatz von Baurobotern

Die Praxis zeigt, dass Bauroboter bereits heute in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden. Hier sind einige der erfolgreichsten Beispiele:

1. Hadrian X: Der Maurerroboter

Der Hadrian X von FBR ist ein Beispiel für einen Roboter, der in der Lage ist, komplexe Maurerarbeiten durchzuführen. Mithilfe von CAD-Daten errichtet der Roboter Wände, indem er Ziegel setzt und Mörtel aufträgt. Besonders beeindruckend ist die Geschwindigkeit, mit der Hadrian X arbeitet: Ein Haus, das normalerweise mehrere Wochen in Anspruch nehmen würde, kann der Roboter in nur zwei Tagen fertigstellen. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Kosten.

2. Okibo: Verputzen mit Präzision

Der Verputzroboter Okibo ist in der Lage, Putz oder Farbe auf Wände und Decken aufzutragen. Ausgestattet mit einem 3D-Laserscanner, orientiert sich der Roboter in seiner Umgebung und ermittelt die zu bearbeitenden Flächen. Fenster und Türen werden automatisch erkannt und ausgespart. Okibo arbeitet autonom und erfordert nur minimale menschliche Eingriffe. Dank seiner KI-basierten Technologie kann der Roboter komplexe Oberflächen gleichmäßig verputzen, ohne dass Korrekturen notwendig sind.

3. 3D-Druck im Bauwesen

Eine der vielversprechendsten Technologien im Bauwesen ist der 3D-Druck. Spezielle 3D-Druck-Roboter können ganze Häuser aus Beton oder anderen Materialien aufbauen. Ein Beispiel hierfür ist der ICON-Vulcan-Roboter, der in den USA bereits mehrere Wohnhäuser erstellt hat. Der Roboter verwendet Schicht-für-Schicht-Technologie, um Wände zu drucken, und kann so Häuser schneller und kostengünstiger bauen als herkömmliche Methoden.

4. Spot: Der mobile Bauhelfer

Spot, ein vierbeiniger Roboter von Boston Dynamics, wird in verschiedenen Bauprojekten eingesetzt. Dank seiner Beweglichkeit kann Spot unebenes Gelände überwinden und sich auf Baustellen frei bewegen. Der Roboter wird vor allem zur Vermessung und Überwachung von Baustellen eingesetzt. Mit einem 3D-Laserscanner ausgerüstet, kann Spot den Baufortschritt dokumentieren und potenzielle Probleme frühzeitig erkennen.

5. Der Jaibot: Bohren leicht gemacht

Der Jaibot von Hilti ist ein Bohrroboter, der für die Installation von Deckenelementen entwickelt wurde. Er bohrt Löcher in Decken und markiert diese für weitere Arbeiten. Der Roboter arbeitet nach digitalen Plänen und sorgt für eine hohe Präzision bei der Durchführung der Bohrarbeiten. Da er Überkopfarbeiten übernimmt, entlastet er Bauarbeiter*innen und minimiert das Unfallrisiko. Der Jaibot ist besonders in der Gebäudetechnik gefragt, da er Aufgaben wie das Setzen von Bohrlöchern für Leitungen übernimmt.

6. Sam100: Der Mauermaschinen-Roboter

Sam100 (Semi-Automated Mason) ist ein halbautomatisierter Maurerroboter, der von der Firma Construction Robotics entwickelt wurde. Dieser Roboter kann bis zu 3.000 Ziegelsteine pro Tag setzen, während ein menschlicher Maurer nur etwa 500 bis 600 schafft. Sam100 arbeitet zusammen mit menschlichen Bauarbeiter*innen, die ihm helfen, die Materialien bereitzustellen und die Details des Mauerwerks zu überwachen. Der Roboter hebt die Ziegelsteine, trägt den Mörtel auf und setzt die Steine präzise in die richtige Position. Dabei wird das Gewicht der Ziegel von Sam100 übernommen, was den Arbeitskräften physische Erleichterung bietet.

7. BionicCobot: Roboter für die Gebäudetechnik

Der BionicCobot, entwickelt von Festo, ist ein kollaborativer Roboter, der speziell für die Zusammenarbeit mit Menschen entwickelt wurde. Er kann vielfältige Aufgaben auf der Baustelle übernehmen, etwa im Bereich der Gebäudetechnik. Sein Aufbau orientiert sich am menschlichen Arm, wodurch er eine Vielzahl von Bewegungen ausführen kann, wie etwa das Montieren von Bauteilen oder das Anbringen von Installationen in schwer zugänglichen Bereichen. Der Roboter ist mit Sensoren ausgestattet, die ihm ermöglichen, sicher mit Menschen zusammenzuarbeiten, ohne Gefahr zu laufen, Verletzungen zu verursachen.

8. Doxel: KI-gestützte Inspektionsroboter

Doxel ist ein autonomer Inspektionsroboter, der mithilfe von künstlicher Intelligenz und 3D-Laserscannern die Bauqualität auf Baustellen überwacht. Er bewegt sich durch die Baustelle und scannt die Strukturen, um sie mit den digitalen Bauplänen (BIM-Daten) abzugleichen. Durch diese Echtzeit-Analyse kann Doxel Abweichungen frühzeitig erkennen und verhindern, dass Fehler übersehen werden, die später kostspielige Nacharbeiten erfordern könnten. Bauleiter*innen erhalten so präzise Berichte über den Fortschritt und die Qualität des Bauvorhabens.

9. Schindler R.I.S.E: Aufzuginstallationsroboter

Schindler R.I.S.E (Robotic Installation System for Elevators) ist ein Roboter, der speziell für die Installation von Aufzügen in Hochhäusern entwickelt wurde. Er klettert autonom im Aufzugsschacht nach oben und bohrt Löcher in die Wände, um Ankerbolzen zu setzen, die für die Installation der Aufzugsschienen benötigt werden. Der Einsatz des Roboters verbessert die Sicherheit, da menschliche Arbeiter nicht mehr in engen, gefährlichen Schächten arbeiten müssen. Außerdem erhöht er die Präzision und verkürzt die Installationszeit.

10. TyBot: Automatisierter Bewehrungsroboter

Der TyBot, entwickelt von der Firma Advanced Construction Robotics, ist ein autonomer Roboter, der auf Brücken- und Straßenbaustellen eingesetzt wird. Er ist darauf spezialisiert, Stahlbewehrungen für Betonbrücken zu binden. Normalerweise müssen diese Bewehrungsdrähte von Bauarbeiter*innen manuell befestigt werden, was eine anstrengende und zeitraubende Arbeit ist. TyBot erkennt die Position der Stahlstangen und bindet die Drähte automatisch zusammen, was die Arbeitszeit erheblich reduziert.

11. Minibuilders: Mehrere Roboter für den Bau ganzer Gebäude

Ein weiteres innovatives Konzept sind die Minibuilders, ein Projekt des Institute for Advanced Architecture of Catalonia. Dieses System besteht aus mehreren kleinen Robotern, die jeweils eine spezifische Bauaufgabe übernehmen, etwa das Legen von Ziegelsteinen oder das Auftragen von Mörtel. Die Roboter arbeiten zusammen und bauen so ganze Gebäude, indem sie ihre jeweiligen Stärken kombinieren. Dank ihrer Größe und Flexibilität können sie auch auf engen Baustellen eingesetzt werden.

12. Built Robotics: Autonome Baumaschinen

Das Unternehmen Built Robotics hat autonome Baumaschinen wie Bagger und Bulldozer entwickelt, die auf Baustellen selbstständig arbeiten können. Diese Maschinen sind mit Sensoren, GPS und KI ausgestattet und können Aufgaben wie das Graben von Fundamenten oder das Planieren von Baugelände übernehmen. Die Maschinen sind in der Lage, sich selbst zu navigieren und ihre Arbeit ohne menschliches Eingreifen zu erledigen, was die Produktivität erheblich steigert.

Roboter arbeitet auf Baustelle
Roboter können viele Arbeiten auf der Baustelle übernehmen

Herausforderungen und Grenzen der Baurobotik

Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen, die den breiten Einsatz von Baurobotern verlangsamen. Eine der größten Hürden sind die hohen Anschaffungskosten. Multifunktionale Roboter kosten derzeit zwischen 75.000 und 100.000 Euro. Für kleinere Bauunternehmen sind diese Investitionen oft schwer zu stemmen. Daher werden Bauroboter in der Regel nur bei großen Bauprojekten oder von spezialisierten Firmen eingesetzt.

Ein weiteres Hindernis ist die Unvorhersehbarkeit von Baustellen. Jede Baustelle ist anders: Der Boden kann uneben sein, das Wetter kann sich ändern, und es gibt häufig unerwartete Hindernisse. Roboter sind darauf angewiesen, dass die Umgebung gut strukturiert und vorhersehbar ist. Diese Bedingungen sind jedoch auf Baustellen selten gegeben, was den Einsatz von Robotern erschwert.

Die Integration von Robotern in bestehende Bauprozesse ist eine weitere Herausforderung. Viele Bauunternehmen haben traditionelle Arbeitsabläufe, die schwer zu automatisieren sind. Es bedarf einer grundlegenden Umstellung auf digitale Prozesse, um Bauroboter effizient einzusetzen. Hier kann das BIM-System (Building Information Modeling) eine wichtige Rolle spielen, da es eine digitale Planung und Koordination ermöglicht.

Die Zukunft der Bauroboter

Die Zukunft der Bauindustrie wird zweifellos von Robotik und Automatisierung geprägt sein. Experten gehen davon aus, dass Bauroboter in den kommenden Jahren immer häufiger auf Baustellen zu sehen sein werden. Besonders in Verbindung mit künstlicher Intelligenz und 5G-Technologie werden Roboter in der Lage sein, komplexe Aufgaben zu übernehmen und in Echtzeit auf veränderte Bedingungen zu reagieren.

Eine vielversprechende Entwicklung ist der Einsatz von Drohnen im Bauwesen. In China wurde bereits eine 160 Kilometer lange Autobahn mithilfe von Drohnen und Robotern gebaut. Der Bau wurde komplett autonom durchgeführt, ohne dass Menschen eingreifen mussten. Solche Projekte zeigen, dass die Automatisierung des Bauwesens in Zukunft noch weiter voranschreiten wird.

Auch humanoide Roboter könnten in Zukunft eine Rolle spielen. Humanoide Roboter, wie der HRP-5P aus Japan, sind in der Lage, einfache Bauarbeiten durchzuführen, wie das Montieren von Wänden oder das Tragen von Bauteilen. Obwohl diese Roboter noch in der Entwicklungsphase sind, könnten sie in den nächsten Jahrzehnten zu einem festen Bestandteil der Bauindustrie werden.

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