Riesenbambus wächst bis zu einem Meter – pro Tag. Dazu ist er biegsamer als Holz und stärker als Stahl. Da ist es kein Wunder, dass das Material längst in den Fokus der hiesigen Bauwissenschaft gerückt ist, die den Bambus eifrig erforscht. Noch ist er als Baustoff eher in Südostasien beheimatet, wo er allerdings als Billigbaustoff gilt. Das kann sich bald ändern, lesen Sie selbst, warum Bauen mit Bambus bald ganz normal werden könnte.
Das erwartet Sie in diesem Beitrag
- Das ist Bambus
- So sieht Bambus aus
- Die Vorteile von Bambus
- Das macht Bambus fürs Bauen interessant
- Bambus als Baumaterial
- Darum steckt das Bauen mit Bambus noch in den Kinderschuhen
- So wird Bambus zum gleichwertigen Baumaterial
- Und wie sieht die Zukunft aus?
Das ist Bambus
Die meisten Menschen kennen die Pflanze: von den teils berühmt gewordenen Fotografien asiatischer Arbeiter, die an unglaublich hohen und schwankenden Gerüsten an Neubauten herumturnen; oder als exotische „Ausstattungsgegenstände“ heimischer Gärten; oder aber in Form der Sprossen in Gerichten im chinesischen oder thailändischen Restaurant.
Bambus ist keine einzelne Pflanzenart, sondern eine Gattung. Zur Familie der Süßgräser gehörend und damit um zwei, drei Ecken herum mit unseren Getreidearten bis hin zum Reis verwandt, teilen sich die sogenannten Bambusoideae in zwölf Unterfamilien auf, die sich auf drei Stämme verteilen, welche sowohl krautig wachsende als auch verholzende Arten aufweisen.
An die 1500 Arten weist allein die Bambusfamilie auf, die über die ganze Welt verstreut lebt – außer in Europa und in der Antarktis. Weshalb sie sich ausgerechnet in Europa nicht angesiedelt haben, ist eigentlich ein Rätsel. Wachsen und gedeihen können einzelne Arten hier durchaus. Sie wollen nur nicht, jedenfalls nicht von sich aus.
So sieht Bambus aus
Beschrieben, zumindest oberflächlich, ist das Gewächs schnell: Es wächst – teilweise unglaublich schnell, bis zu 40 Zentimeter am Tag, bis es seine größte Höhe erreicht hat – als Halm, der immer wieder durch Verdickungen unterbrochen wird.
Die Verdickungen oder Koten werden Nodien genannt; Die Halmteile nennt der Botaniker Internodien. Blätter entwickeln die einzelnen Arten auch, ebenso wie Blüten in Rispenform, manche begrannt wie beispielweise Gerste.
Die Halme entwickeln sich im Allgemeinen aus Rhizomen, also nicht eigentlichen Wurzeln. Diese Rhizome machen sie dem Ingwer und dem Galgant ähnlich.
Ihre Farben reichen von dunkelbraun oder schwärzlich bis zu einem hellen Ocker oder sogar Gelb. Die Farbe hängt von der Art und von der jeweiligen Herkunft ebenso ab wie von der Behandlung, die sie nach der Ernte erfahren haben.
Die Vorteile von Bambus
Wo eine Eiche, Buche oder Ahorn rund 100 Jahre braucht, bis sie gefällt werden kann, ist das bei Bambus bereits nach drei bis fünf Jahren der Fall. Ein klarer Pluspunkt für dieses schnellwachsende Gewächs aus der Familie der Gräser.
Das Besondere an diesen „Gräsern“ ist ihr Halm im Ganzen, sind die „Rohre“, die wir als „Bambusstäbe“ kennen. Sie sind es, die zunehmend Fachleute verschiedenster Gebiete interessieren, vom Möbeldesigner über den Gartengestalter bis hin vor allem zum Architekten.
Bei den meisten Arten sind diese Rohre hohl, und ihre Außenwände ähneln dem Holz von Bäumen, das hierzulande seit Jahrtausenden zum Bauen verwendet wird. Eine Besonderheit unterscheidet sie von Holz: Bambusfasern sind konsequent längs – also vertikal – angeordnet.
Das bewirkt eine enorme Elastizität auf der einen und eine unglaubliche Stabilität und Belastbarkeit auf der anderen Seite. Die Kombination beider Eigenschaften ist es, was Bambus als Baumaterial so interessant macht.
Anders als manche Holzarten können Bambusrohre zudem ohne größere Probleme der Länge nach gespalten werden.
Das macht Bambus fürs Bauen interessant
Bambusrohre lassen sich sägen, hobeln und schleifen. Sie lassen sich also ganz ähnlich verarbeiten wie Holz. Ein Unterschied zu Holz besteht in dem Umstand, dass die Bambusfasern einen sehr hohen Kieselsäuregehalt aufweisen. Die sogenannte Standzeit von Werkzeugen wie Messern ist dadurch deutlich geringer als bei Holz. Es ist, als würde einer mit der Holzsäge Stein sägen oder gar Metall.
Tatsächlich wird die Härte von Bambusstangen gelegentlich sogar mit Baustahl verglichen. Es empfiehlt sich deshalb, spezielle Werkzeuge zur Bearbeitung zu verwenden, im Idealfall solche, die sonst zur Metallbearbeitung verwendet werden. Auch dies ist neben seinen erstaunlichen technisch-physikalischen Eigenschaften eine Besonderheit dieser Pflanze.
Bambus als Baumaterial
Eingesetzt werden im Baubereich nicht nur die Rohre als Ganzes. Als Baumaterial dienen auch feinst zerkleinerte Fasern der Rohre, aus denen inzwischen unglaublich viele Dinge hergestellt werden, und nicht nur für den Baubereich.
Auf dem Bau kommen nach und nach sogar Platten und Bodenbeläge zur Anwendung. Aber auch für den Haushalt sind in vielen Geschäften immer öfter Schüsseln, Schneidbretter, Kästen und was nicht noch alles zu finden.
Immer größer wird besonders die Nachfrage nach Bambusplatten für den Innen- ebenso wie für den Außenbereich. Sogar ganze Häuserfassaden können mit Platten aus diesem Material verkleidet werden, und vor noch nicht allzu langer Zeit sind bereits ganze Häuser aus Bambus errichtet worden.
Darum steckt das Bauen mit Bambus noch in den Kinderschuhen
Weil Bambus hierzulande selbst in Fachkreisen vor einigen Jahren noch wenig bekannt war, wurde dieses Baumaterial vielfach sehr skeptisch betrachtet. Das hatte einen nachvollziehbaren Grund:
So schön und belastbar speziell Bambusrohre sein mögen – sie haben beim Bauen eine Schwachstelle, das sind die Verbindungen der Rohre miteinander.
Traditionell wurden sie stets mit Seilen oder Bändern miteinander verbunden. Das ist vergleichsweise einfach, weil die Bänder nicht abrutschen können. Das liegt zum einen an den Verdickungen und zum anderen daran, dass die Bambusrohre von oben nach unten nicht gleichmäßig dick sind.
Für moderne Bauweisen sind solche Verbindungen nicht wirklich zu gebrauchen. Aus herkömmlichem Material haben sie keine allzu lange Haltbarkeit, auch wenn in Asien heute längst Bänder aus Kunststoff verwendet werden.
Lange wurde diese Unpässlichkeit durch den Einsatz von Gewindestangen gelöst. Und weil die Rohre hohl sind, musste an den Verbindungsstellen Mörtel für mehr Stabilität eingebracht werden. Auf Dauer war das keine gute Lösung.
So wird Bambus zum gleichwertigen Baumaterial
Längst haben sich dieses Problems aber sogar Forscher und Ingenieure und sogar Möbeldesigner angenommen und moderne Verbindungssysteme bis hin zu einem verblüffenden Stecksystem entwickelt.
Damit können einzelne Rohre wie beim konventionellen herkömmlichen Gerüstbau zu unterschiedlichen Formen zusammengesteckt werden.
Über die mechanische Belastbarkeit eines Pavillons, der ursprünglich für die Weltausstellung in Shanghai entwickelt, später aber abgerissen wurde, staunte sogar der Leiter des Instituts für experimentelle Statik der Hochschule Bremen, Prof. Dr. Klaus Steffens.
Ein Forstbiologe prophezeite dem Material erst kürzlich, es sei „vom Arme-Leute-Holz auf dem Weg zum grünen Gold!“
Und wie sieht die Zukunft aus?
Bambuspflanzen, völlig unabhängig davon, welcher Art sie angehören, sind etwas Besonderes, und es ist anzunehmen, dass ihre hier beschriebene „Karriere“ erst richtig begonnen hat.
Mit ihrer an japanische Lackkästchen erinnernden glatten Oberfläche und ihrer interessanten Maserung erfreuen sie sich immer größerer Beliebtheit. Sicher wird die Bambuspflanze bald ihr eher kümmerliches Nischendasein im Baumarkt rasch beendet haben.
Ob Baustoff oder Lebensmittel, ob Treppengeländer oder Möbel: Die Möglichkeiten für die Verwendung dieses Natur-Materials scheinen beinahe unbegrenzt. Kaum zu glauben: Sogar Fahrräder aus Bambus gibt es bereits zu kaufen.
Kein Wunder: einen Vergleich mit Karbon hält Bambus mit Leichtigkeit aus. Dabei ist er viel schöner und vor allem ein nachwachsender Rohstoff, den es seit kurzem auch von einer Organisation für die Förderung verantwortlicher Waldwirtschaft zertifiziert gibt.