Die Familie wird größer, das Haus wird zu klein und helfen kann nur ein Anbau? Sie wollen die Sonne auch im Winter genießen und planen einen Wintergarten? Nun, vor die Verwirklichung solcher Wünsche haben die Behörden die Landesbauordnung (LBO) gesetzt und meist auch einen Bebauungsplan. Auch Nachbarn, Denkmalschutz– oder Naturschutzbehörde können einen Strich durch die Planung machen. Hier erfahren Sie alles, was es aus baurechtlicher Sicht zu beachten gibt, wenn Sie einen Hausanbau oder Wintergarten planen.
Das erwartet Sie in diesem Beitrag
- Baugrenzen und Baulinien beachten
- Grundflächen- und Geschossflächenzahl beachten
- So sieht es bei freistehenden Häusern aus
- Wann ist eine Baugenehmigung notwendig?
- Den Nachbarn mit ins Boot holen
- Anbau bei einem denkmalgeschützten Haus
- Die Natur hat häufig Vorrang
- Checkliste: Baugenehmigung bei einem Anbau
Baugrenzen und Baulinien beachten
Als erste Hürde im Bebauungsplan lauern Baugrenzen und Baulinien. Die Baugrenze ist dabei im Plan durch eine Strich-Strich-Punkt-Linie kenntlich gemacht. Der Baukörper kann innerhalb der Baugrenze beliebig angeordnet werden, sofern die Abstandsflächen eingehalten werden.
Eine Punkt-Punkt-Strich-Linie kennzeichnet die Baulinie. Ist so eine Baulinie im Bebauungsplan vorhanden, muss das Gebäude auf diese Linie gebaut werden. Ziel einer Baulinie ist es zumeist, eine durchgehende Häuserflucht an der Straßenseite zu erzielen.
Gibt es bezüglich Baugrenze bzw. Baulinie keine Vorschriften, gilt das Nachbarschaftsrecht. Abhängig von der LBO des jeweiligen Bundeslandes, sind 2,5 bis 3 Meter Mindestabstand vorgeschrieben.
Die Abbildung zeigt es: Auf der Westseite ist kein weiterer Anbau möglich, das bestehende Vordach mit Balkon kann höchstens noch umhüllt werden. Auf der Nordseite kann das Garagendach als überbaut werden. Den meisten Platz für einen Anbau oder einen Wintergarten gibt es im Süden oder Osten.
Grundflächen- und Geschossflächenzahl beachten
Doch bevor man einfach den Anbau bis an die Grenze plant, wartet bereits die nächste Hürde in Form der Nutzungsziffern. Damit sind Grundflächenzahl (GRZ) und Geschossflächenzahl (GFZ) gemeint. Sie werden im Bebauungsplan festgelegt.
Die GRZ gibt an, wie groß der Anteil der bebauten Fläche an der Gesamtfläche sein darf. Ist zum Beispiel eine GRZ von 0,3 festgelegt, darf bei einer Grundstücksgröße von 600 m² das Gebäude (inkl. Garage und befestigter Zufahrt) maximal eine Grundfläche von 180 m² (600 x 0,3) besitzen.
Die GFZ wiederum gibt an, wieviel Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig sind. Hat das Grundstück beispielsweise eine Fläche von 500 m² und die GFZ beträgt 0,5, dann darf das Gebäude, verteilt auf alle Geschosse, höchstens eine Wohnfläche von 250 m² haben.
Was sich kompliziert anhört, heißt im Klartext nichts anderes, als dass man vielleicht das Haus nicht verbreitern, aber erhöhen darf – oder umgekehrt. In der Abbildung vergrößert der Glasanbau auf der Garage zum Beispiel nicht die GRZ, sondern nur die GFZ.
So sieht es bei freistehenden Häusern aus
Sind freistehende Häuser vorgeschrieben (auch als offene Bauweise bezeichnet), ist es fast unmöglich, direkt an der Grenze zu bauen. Wenn für Garagen eine Grenzbebauung toleriert wird, lässt sich das nicht auf einen Wintergarten übertragen. Er gilt als Wohnraum und geht nicht wie eine Garage als untergeordneter Raum durch.
Ob und wofür eine Baugenehmigung benötigt wird, lässt sich am einfachsten durch eine Beratung beim Bauamt klären. Es wäre doch schade, wenn alle Planungen umsonst waren oder schlimmstenfalls (wenn einfach gebaut wurde) alles wieder zurückgebaut (also abgerissen) werden müsste.
Wann ist eine Baugenehmigung notwendig?
Der Anbau eines Wintergartens ist in Deutschland Ländersache, wie bereits geschrieben. In vielen Bundesländern benötigen Sie generell eine Genehmigung, in manchen sind sie genehmigungsfrei, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
Bundesland |
Wintergarten ohne Baugenehmigung, wenn: |
Brandenburg |
Anbau unbeheizt, aus transparenten Materialien und muss an der Hauswand stehen. Grundfläche maximal 20 m², Bruttorauminhalt maximal 75 m³. |
Bremen |
Anbau muss überwiegend verglast sein und auf einer im Bebauungsplan als überbaubar ausgezeichneten Fläche stehen. |
Hessen |
Anbau darf eine Grundfläche von maximal 30 m² aufweisen. |
Nordrhein-Westfalen |
Der Anbau an das Haus darf eine Brutto-Grundfläche von 30 m² haben, muss aber mindestens 3 m von der Nachbargrenze entfernt sein. |
Rheinland-Pfalz |
Anbau muss unbeheizt und ebenerdig sein. Der umbaute Raum darf 50 m³ nicht übersteigen. |
Thüringen |
Verglaster Wintergarten muss an der Außenwand des Gebäudes stehen. Die Fläche darf 20 m² und das Volumen 75 m³ nicht übersteigen. |
Den Nachbarn mit ins Boot holen
Betreffen die Anbauwünsche auch die Abstandsflächen oder gar die Grundstücksgrenzen zum Nachbarn, braucht es in vielen Fällen eine Einverständniserklärung von eben diesem.
Der Nachbar sollte dem schriftlich dem Bauantrag oder der Bauanzeige zustimmen. Das ist manchmal gar nicht so einfach, diesen zu einer Unterschrift zu bewegen. Zum Nachbarschaftsstreit kommt es mitunter aus viel nichtigeren Dingen als einem Hausanbau.
Anbau bei einem denkmalgeschützten Haus
Wohnen Sie in einem denkmalgeschützten Haus, gibt es weitere Regeln und Vorschriften, die Sie einhalten müssen. Der Denkmalschutz kann zum Beispiel vorschreiben, wie der Anbau oder Wintergarten auszusehen hat – oder kann auch verbieten, dass er an der gewünschten Stelle errichtet wird.
Der Gang zur Denkmalschutzbehörde bleibt Ihnen auf jeden Fall nicht erspart. Erst wenn Sie sich mit der Behörde geeignet haben, können Sie den Anbau oder Wintergarten in Angriff nehmen – ganz unabhängig davon, ob Sie sich an die Regeln des Bebauungsplans halten und alles mit dem Nachbarn geklärt haben.
Schwierig ist es auch, wenn Sie auf einem denkmalgeschützten Haus eine Solaranlage errichten wollen, das ist oftmals nicht möglich. Vielleicht wäre ein Balkonkraftwerk die Alternative, aber auch hier braucht es in der Regel eine Genehmigung.
Die Natur hat häufig Vorrang
Die Natur kann dem geplanten Anbau ebenfalls im Wege stehen. Steht in Ihrem Garten zum Beispiel ein schützenswerter Baum, darf der nicht so einfach gefällt werden. Die meisten Gemeinden haben eine Baumschutzsatzung, so dass Sie einen Antrag zur Baumfällung stellen müssen, bevor Sie zur Kettensäge greifen.
Auch in einem Naturschutzgebiet können Sie nicht ohne weiteres bauen, hier braucht es ebenfalls erst das Go der Baubehörde, bevor der Bagger anrollt.
Checkliste: Baugenehmigung bei einem Anbau
Wie Sie gesehen hat, kann die Baugenehmigung für einen Anbau von den verschiedensten Faktoren abhängen. Hier noch einmal ein kompakter Überblick:
- Bebauungsplan mit Baulinien und Baugrenzen beachten
- Grundflächenzahl und Geschossflächenzahl einhalten
- Zustimmung vom Nachbarn einholen
- Einverständnis der Denkmalschutzbehörde
- Berücksichtigung der Baumschutzsatzung
- Einbeziehung der Naturschutzbehörde
Nicht schaden kann es, sich dabei von einem Architekten, Bauingenieur oder Handwerksmeister beraten zu lassen. Die sind zu einem versierter im Umgang mit den Fallstricken, die das Gesetz so bietet. Zum anderen bearbeitet die Behörde ohnehin nur Eingabepläne, die von einem so genannten Planvorlage-Berechtigten eingereicht wurden.